Souveränität > Besatzung

ht3ut3-1ht3ut3-2ht3ut3-3ht3ut3-4ht3ut3-5ht3ut3-6ht3ut3-7ht3ut3-8ht3ut3-9Die Besatzung der Hauptstadt stellte die Alliierten vorerst vor strategische Herausforderungen: Ursprünglich forderten die Westalliierten, Wien in den Grenzen des "Reichsgaues Groß-Wien" aufzuteilen. Dadurch hätten nicht nur die Sowjets Zugang zu Militärflugplätzen im Umland gehabt. Die sowjetischen Teilungspläne sahen aber eine Zoneneinteilung nach den Stadt- und Bezirksgrenzen von 1937 vor, wodurch die Flugplätze Tulln/Langenlebarn und Schwechat in der sowjetischen Besatzungszone Ostösterreich lagen. Als Kompromiss einigten sich aber schließlich alle vier Mächte auf die Einrichtung einer internationalen Zone im ersten Bezirk, die abwechselnd von jeder Besetzungsmacht kontrolliert wurde. Dadurch wurde schlussendlich eine Trennung Wiens in zwei Blöcke verhindert.

Der Alliierte Rat und die Kontrollabkommen

Mit dem Beschluss des Ersten Kontrollabkommens vom 4. Juli 1945 ging die Staatsmacht an die Besatzungsmächte über: Der Alliierte Rat, bestehend aus den Oberkommandierenden der vier Besatzungsmächte "setzt (…) die Pläne hinsichtlich der wichtigsten, militärischen, politischen, wirtschaftlichen und anderen Fragen fest, die Österreich in seiner Gesamtheit betreffen und fasst hierüber Beschlüsse." (Art. 5). Daneben wurde die Alliierte Kommandantur, auch "Komendatura", gegründet, um die Verwaltung Wiens zu kontrollieren. Sowohl die provisorische Regierung Renners als auch die Stadt Wien hatten also keine souveränen politischen Rechte. Das änderte sich erst mit dem Abschluss des Zweiten Kontrollabkommens am 28. Juni 1946, mit dem das Vetorecht der einzelnen Alliierten abgeschafft wurde – nur Verfassungsgesetze mussten weiterhin der Kommission vorgelegt werden.

Besatzung und Bevölkerung

Die Aufteilung Wiens in Besatzungszonen spiegelte die gesamtösterreichische Situation im kleinen Maßstab wider: Wurde in der öffentlichen Meinung das Zusammenleben mit den westlichen Besatzern großteils konfliktfrei gesehen, herrschten gegenüber den sowjetischen Truppen Misstrauen und Angst vor. Hier spielt auch die NS-Propaganda und das lang geschürte Feindbild des "Russen" eine Rolle, obwohl es auch unter der französischen Besatzung zu Übergriffen kam. Die Ambivalenz zwischen "Befreiung" und "Besatzung" entwickelte sich großteils erst im Nachhinein. Erst die Unterzeichnung des Staatsvertrages und der Abzug der Besatzer wurden als "Befreiung" rezipiert. Das Verhältnis der Bevölkerung zu den Alliierten hing von vielen Faktoren ab: So wurde nicht nur zwischen Westalliierten und Sowjets, sondern auch unter "armen" (Franzosen und Sowjets) und "reichen" (US-Amerikanern und Briten) Besatzern unterschieden. Das Verhältnis der Wiener Bevölkerung zur sowjetischen Besatzungsmacht wird in einem hier veröffentlichten Dokument aus dem Jahr 1954 deutlich, in dem der sowjetische Botschaftssekretär Korneev dieses Thema mit dem Gesandten Dr. Leitner bespricht. Dieser Gedächtnisvermerk illustriert die ambivalente Haltung des "offiziellen Österreich" zur Sowjetunion. Um ein gutes Verhältnis bemüht, versucht man auf diplomatischem Weg doch immer wieder, den Wunsch nach einem Ende der Besatzung Ausdruck zu verleihen.