"Sie meinen es politisch!" 100 Jahre Frauenwahlrecht > Parlament

Abreissblatt: Marie TuschAbreissblatt: Hildegard BurjanAbreissblatt: Adelheid PoppAbreissblatt: Anna Boschek

Bis zur Einführung des aktiven und passiven Wahlrechts für Frauen 1918 waren die institutionalisierten Räume der Politik reine Männersphären. Nach Ende des Ersten Weltkriegs hatten Frauen erstmals Sitze in Gemeinderäten, Landtagen und im Parlament inne. Erst ab 1945, in der Zweiten Republik, gestalteten Frauen als Bürgermeisterinnen, Ministerinnen, Landeshauptfrauen und jüngst auch als Bundeskanzlerin die österreichische Gesellschaft mit. Bis heute gab es noch keine Bundespräsidentin: Politikerinnen sind immer noch mit sexistischen Vorurteilen und Ungleichheit konfrontiert.

Der Körper und die Politikerin

Politik blieb auch nach der Einführung des passiven Wahlrechts für Frauen ein männlich dominiertes Feld. Die Politikerin war für lange Zeit die Abweichung von der Norm des politisch tätigen Mannes. Das Auftreten und die Kleidung von Politikerinnen stehen im Brennpunkt von Berichterstattungen: Sexisti-sche Vorurteile vermischen sich oft auch mit Antisemitismus und Rassismus.

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Stillen im Hohen Haus?

Die grüne Nationalratsabgeordnete Christine Heindl verursachte am 5. November 1990 einen Skandal, als sie ihren neugeborenen Sohn zur Angelobung mitnahm und im Plenarsaal stillte. Dies trug dazu bei, dass in der Öffentlichkeit über die Vereinbarkeit von Mutterschaft und politischer Tätigkeit diskutiert wurde: Bis heute sind Mutterschutzfragen von Politikerinnen nur ungenügend geregelt.

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Bürgermeisterin

Obwohl Frauen seit 1919 auch gewählt werden können, haben sie es schwer, an die Spitze von Gemeinden zu gelangen. Erst 1945 war Maria Rothschädl für kurze Zeit Bürgermeisterin in Oberhaag, Steiermark. Es sollte bis 1967 dauern, bis eine Frau Vizebürgermeisterin wurde: Lea Olczak (geb. 1922) in Braunau am Inn, Oberösterreich. 2018 lag der Anteil der Bürgermeisterinnen in ganz Österreich bei nur 7,6 Prozent.

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Die Sache mit der Quote

Obwohl Frauen circa die Hälfte der Wähler*innen stellen, sind sie bis heute nicht in entsprechender Zahl in den politischen Entscheidungsgremien repräsentiert. In Österreich überschritt der Anteil der weiblichen Nationalratsabgeordneten erst 1986 die 10-Prozent- und 2002 die 30-Prozent-Marke. Quotenregelungen verschiedener Parteien gelten seit den 1980er Jahren. Zwar umstritten, erwiesen sie sich doch als wirkungsvolles Instrument, den Frauenanteil im Parlament zu erhöhen.

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Sexismus und Diffamierung

Politisch tätige Frauen sind bis heute oft massivem Sexismus ausgesetzt. Das reicht von Vorstellungen darüber, dass sie weniger durchsetzungsfähig und kompetent seien, über abwertende und sexualisierte Darstellungen von Frauen in politischen Tätigkeiten bis hin zu Beschimpfungen und sexueller Belästigung durch Kollegen.

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Frauen in Austrofaschismus…

Die austrofaschistische Maiverfassung 1934 hob die Gleichstellung von Frauen und Männern auf. Die Erwartung der katholischen Frauen, Einfluss im neuen Staat zu erhalten, erfüllte sich nicht. Der austrofaschistische Ständestaat (1933/1934–1938) folgte einem katholischen Leitbild und legte für den Staat eine autoritäre Ordnung fest, in der eine Repräsentation nach Berufen herrschen sollte. Demokratische und bürgerliche Rechte wie etwa Versammlungsfreiheit wurden abgeschafft.

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…und im Nationalsozialismus

Politische Karrieren waren im Nationalsozialismus für Frauen nicht möglich – auch nicht für jene, die der deutschen Volksgemeinschaft zugerechnet wurden und die vor dem sogenannten Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich in der damals illegalen nationalsozialistischen Bewegung aktiv gewesen waren. Allerdings integrierten die NS-Frauenschaft und der Bund Deutscher Mädel über gesellige und parteipolitische Veranstaltungen Mädchen und Frauen in die rassistische NS-Gesellschaft.

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